Kronzeugen und Bonusprogramme – Schweiz und Liechtenstein im Vergleich

Kronzeugen und Bonusprogramme – Schweiz und Liechtenstein im Vergleich

Kartellrecht Justiz Gebäude Säule Himmel
Kartellrecht Justiz Gebäude Säule Himmel

Dieser Text beschäftigt sich mit den Übereinstimmungen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein in Hinsicht auf die Bonusprogramme im Kartellrecht. 

Liechtenstein und die Schweiz pflegen eine enge und durchaus lebendige Partnerschaft, die zahlreiche nationale und internationale, EU- sowie EWR/EFTA-Bestimmungen und zahlreiche bilaterale Abkommen umfasst. Im Jahre 1995 trat Liechtenstein dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bei, was bedeutende Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit des kleinen Landes hatte. Ein Beispiel dafür ist der Gasversorgungsmarkt, auf dem sich zeigte, dass auch in diesem kleinen Markt ein echter Wettbewerb entstehen kann. Denn die „Liechtensteinische Gasversorgung“ (LGV) konnte durch niedrigere Einkaufspreise auf den Handelsmärkten und eine effizientere Organisation im Beschaffungs- und Vertriebssystem eine Preissenkung von ca 40 Prozent an ihre Endkunden weitergeben, ohne auf Wettbewerbsdruck von anderen Marktteilnehmern zu stoßen. 

In Kartellfällen haben Kartellmitglieder, die kooperieren, die Möglichkeit, mit einer Reduktion ihrer Strafen belohnt zu werden und den Kronzeugen können sogar vollständige Immunitäten erteilt werden. In den vergangenen Jahren haben sich die Bonusprogramme in der Schweiz und Liechtenstein immer mehr angeglichen, was durch die zunehmende internationale Vernetzung und Konzentration des Wettbewerbs zu mehr Rechtssicherheit führt. Die Kongruenzregel ist im Sinne der „First-Come-First-Served-Regel“ dabei schlagend. In der Schweiz gilt, dass Absprachen zwischen Unternehmen der gleichen Marktstufe, die den Wettbewerb ohne wirtschaftlich gerechtfertigte Gründe einschränken, verboten sind. Bei zuwiderhandeln, können Sanktionen für jene Unternehmen angeordnet werden, die ihre Beteiligung an einer Absprache zum Zweck ungerechtfertigter Wettbewerbsbeschränkung anzeigen und Informationen liefern, die der WEKO (Wettbewerbskommission) eine Untersuchungseröffnung ermöglichen. Dabei ist nicht nur der Umfang der gelieferten Informationen der Selbstanzeiger entscheidend, sondern vielmehr deren materieller Gehalt ergo Wesentlichkeit. Um Immunität zu erlangen, stellt die WEKO als Voraussetzung, dass eine fortlaufende und umfassende Kooperation des Unternehmens stattfindet, bei der alle relevanten Informationen und Beweismittel freiwillig vorgelegt werden und die Beteiligung am Wettbewerbsverstoß spätestens mit der Selbstanzeige oder auf Anordnung der WEKO eingestellt wird. 

Wenn ein Unternehmen von einem anderen zur Teilnahme an einem Kartell gedrängt wird, wird die Strafe nicht vollständig erlassen. Das heißt, in der Schweiz geht die WEKO weiter als die EU und schließt auch Unternehmen aus, die eine anstiftende oder führende Rolle im Wettbewerbsverstoß gespielt haben. Hier findet das Bonusprogramm sowohl auf horizontale als auch vertikale Kartelle und auf missbräuchliches Verhalten von marktbeherrschenden Unternehmen Anwendung.